MieterZeitung April 2021
Inhaltsverzeichnis
Blickpunkt:
Angesichts knapper werdender Flächen, fehlendem bezahlbaren Wohnraum und der schlechteren Klimabilanz von Einfamilienhäusern gibt es Vorbehalte gegen diese Wohnform.
Politik:
Kommentar Lukas Siebenkotten: „Mieterschutz jetzt“
Bundesweiter Mietenstopp für alle
Unterschriftenaktion "DW enteignen"
Mietrecht:
Immer Ärger mit dem Abfall
Neues vom BGH: Ausnahme von der Mietpreisbremse
Kurzurteile: Untermieter, Zahlungsverzug ...
Kleinreparaturen: Wer ist für die Behebung des Schadens verantwortlich und wer muss die Kosten übernehmen?
Mit Kräutern, Blumen und Bienen gegen den Beton
Verbraucher:
Interview zum Stromspiegel 2021: "Ein Braunkohlekraftwerk zu viel"
Wie viel Strom verbrauchen die Haushalte?
Nachrichten:
Biotonnen besser kontrollieren
Leute – Leute
Weniger Wohnfläche in Großstädten
Ein Jahr Mietendeckel
Hohe Mieten, mehr Pendler
Rubriken:
DMB-Verlag
Ihr Mieterverein informiert
Nachruf: Rudi Stock
Leser fragen
Leserbriefe
Preisrätsel: Mitmachen und gewinnen
Aufgespießt
Impressum
Kommentar

Mieterschutz jetzt!
Mehr als zweieinhalb Jahre sind seit dem Wohngipfel der Bundesregierung vergangen. Von den Versprechungen des auch für das Bauen zuständigen Innenministers ist kaum etwas übrig: Der Wohnungsbau stagniert, auch wenn sich Seehofer über mehr Baugenehmigungen freut. Doch auf einer Baugenehmigung kann man nicht wohnen. Die Differenz zwischen deren Anzahl und den tatsächlich gebauten Wohnungen lässt vielmehr den Schluss zu, dass Baugenehmigungen auch zu Spekulationszwecken missbraucht werden. Besonders wenn man sich die Steigerungsraten der Baulandpreise vor allem in den Großstädten anschaut. Gleichzeitig fallen immer mehr Sozialwohnungen aus der Preisbindung und die Mieten steigen ungebremst weiter. Die Corona-Pandemie verschärft die Situation: Viele Menschen haben weniger Einkommen und müssen befürchten, ihr Zuhause zu verlieren, weil sie die Miete nicht mehr zahlen können. Regelungen, um sie zu schützen, gibt es nicht mehr.
Nun ist aber Wahljahr und die Politikerinnen und Politiker könnten mit ernsthaften Mieterschutzmaßnahmen viele Wählerstimmen gewinnen. Lieber werden jedoch wichtige Abstimmungen wie die zum Baulandmobilisierungsgesetz oder zur CO2-Umlage verschoben, wohl in der Hoffnung, dass die Bürger es nicht merken. Doch die Politik muss jetzt Antworten finden und nicht erst in der nächsten Legislaturperiode. Wir brauchen mehr Sozialwohnungen, ein soziales Bodenrecht, mehr bezahlbaren Wohnraum – und vor allem eine sofortige Entlastung der Mieter. Deshalb fordern wir einen bundesweiten Mietenstopp für sechs Jahre. Damit gäbe es endlich wirklich einen Grund, sich über die Wohnungspolitik zu freuen.
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Kampagne bundesweiter Mietenstopp
Wenn Mieten steigen, können sich die Menschen weniger Wohnraum leisten. Wer immer weiter an Wohnraum spart, lebt irgendwann in einer überbelegten Wohnung. Laut Statistischem Bundesamt waren davon in Deutschland im Jahr 2019 rund 6,4 Millionen betroffen, 340.000 mehr als im Jahr 2018. Wenn infolge der Corona-Pandemie die Einkommen wegen Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeitergeld sinken, die Mieten aber in gleicher Höhe gezahlt werden müssen, führt das zu Mietschulden und in letzter Konsequenz zur Zwangsräumung. Wir sind der Meinung, dass dieser Teufelskreis von immer weiter steigenden Mieten durchbrochen werden muss und unterstützen deshalb die Kampagne bundesweiter Mietenstopp.
Aktuelle Informationen zu den zahlreichen wohnungspolitischen Aktionen finden Sie wie immer unter:
https://www.facebook.com/DMBMieterbund/ und https://twitter.com/DMBMieterbund
Urteile in Kürze

Untermieter
Ein Vermieter darf die Untervermietungserlaubnis weder davon abhängig machen, dass ein in Aussicht genommener Untermieter sich bei ihm bewirbt oder persönlich vorstellt, noch hat er einen Anspruch auf Informationen, die über Namen, Geburtsdatum und -ort des potenziellen Untermieters hinausgehen (LG Berlin – 64 T 49/20, WuM 2021, 30).
Vergleichswohnungen I
Ein auf Vergleichswohnungen gestütztes Mieterhöhungsverlangen erfüllt die formalen Anforderungen nur dann, wenn der Vermieter mindestens drei Vergleichswohnungen angibt, die zum Zeitpunkt des Zugangs des Mieterhöhungsverlangens auch tatsächlich vermietet sind (LG Berlin – 67 S 129/20, WuM 2020, 795).
Vergleichswohnungen II
Die Vergleichbarkeit von Wohnungen ist nicht gegeben bei einer Größenabweichung von 32,4 bzw. 48 Prozent, da die Wohnungen dann einem anderen Wohnungsteilmarkt angehören (AG Gronau (Westf.) – 2 C 107/20, WuM 2021, 177).
Zahlungsverzug
Ein Verschulden des Mieters an der Verletzung seiner vertraglichen Pflichten (hier: Zahlungsverzug) kann fehlen, wenn er aufgrund einer Depression nicht in der Lage war, als Freiberufler ausreichende Einnahmen zu generieren und seine Angelegenheiten angemessen zu regeln (AG Münster – 4 C 3363/19, WuM 2021, 178).
Mieterhöhung
Wird Gewerberaum älteren Baujahres erstmalig in Wohnraum umgewandelt, so kommt im Rahmen einer Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete die Einordnung in die Baualtersklasse des Zeitpunkts der Umwandlung nur dann in Betracht, wenn die Wohnung durch die Modernisierung insgesamt den baulichen Standard einer Neubauwohnung aufweist (LG Berlin – 65 S 149/19, WuM 2020, 796).
Leserfragen
Pollenstaub
Eike S., Düsseldorf: Seit vielen Jahren bin ich Mieterin einer Eigentumswohnung mit Gartennutzung, die ebenfalls die Gartenpflege einschließt. Die damals noch „kleine Gartenbirke“ hat mittlerweile eine stattliche Höhe erreicht und gibt seit ihrer „Geschlechtsreife“ zu jeder Jahreszeit mehr Anlass zum Ärger als zur Freude. Es kommt zu wochenlangem Pollenstaub, Abwurf von „Kätzchen“ mit konfettiartigem Samenregen und Unmengen klebriger Knospen sowie trockener Zweige und Laub. Ist der Eigentümer zum Baumschnitt verpflichtet?
Antwort: Nein. Pollenflug, Laub oder der Abwurf von Nadeln, Zapfen etc. müssen hingenommen werden. Nur bei einer wesentlichen Grundstücksbeeinträchtigung kann der Rückschnitt des Baumes verlangt werden.
Bettwanzen
Helmut H., Erfurt: Ich habe seit kurzer Zeit Bettwanzen in meiner Wohnung. Muss der Vermieter die Kosten für deren Beseitigung übernehmen?
Antwort: Der Vermieter ist zunächst für die Beseitigung der Bettwanzen verantwortlich, egal wer den Befall verschuldet. Er kann die Kosten von seinem Mieter zurückverlangen, wenn dieser für den Befall verantwortlich ist. Ist der Mieter erst vor kurzem in eine unmöblierte und/oder frisch renovierte Wohnung eingezogen, wird in der Regel davon ausgegangen, dass der Mieter für den Bettwanzenbefall selbst verantwortlich ist.
Leerstandsrisiko
Claudia G., Straubing: Bei der Jahresabrechnung werden Wassergebühren, Abwassergebühren und Abfallbeseitigung vom Vermieter nach Personenanzahl umgelegt. Da ein alleinstehender Mieter nun verstorben ist, steht seine Wohnung jetzt leer bzw. wird saniert. Dürfen die Betriebskosten für diese Wohnung nun einfach auf die übrigen Mieter verteilt werden?
Antwort: Nein. Das Leerstandsrisiko trägt der Vermieter. Die anfallenden Kosten werden auf das gesamte Haus verteilt, für die leer stehende Wohnung muss diese Kosten der Vermieter tragen.
Weg zu den Mülltonnen
Sebastian F., Köln: Die Mülltonnen meines Hauses in der Kölner Innenstadt stehen zehn bis zwölf Häuser weit entfernt. Ich bin so gezwungen, einen entsprechend langen Fußweg rund um einen kompletten Häuserblock mit Müllbeuteln und Altpapier beladen zurückzulegen. Ist das rechtens so?
Antwort: Nein. Befinden sich die Mülltonnen unzumutbar weit von der Mietwohnung, so ist eine Mietminderung wegen eines Mangels gerechtfertigt. Ein Weg von 165 Metern bis zur Tonne wird von der Rechtsprechung als zu lang gewertet.
Einbauküche
Günther B., Berlin: Ich habe in meiner Mietwohnung die mitvermietete alte Einbauküche durch eine neue ersetzt, da mir die vorhandene Küche nicht gefiel. Muss ich die alte Küche wieder einbauen, wenn ich ausziehe?
Antwort: Ja. Haben Sie keine anderweitige Absprache mit Ihrem Vermieter getroffen, müssen Sie eine dem Vermieter gehörende Küche einlagern und diese bei Mietvertragsende wieder fachgerecht einbauen. Haben Sie die alte Küche bereits entsorgt, steht dem Vermieter ein Schadensersatz gemäß des Zeitwerts der entsorgten Küche zu. Dieser kann bei alten Küchen aber auch bei null liegen.
Aufgespießt
Brand im Dienste der Wissenschaft
Normalerweise soll mit allen Mitteln vermieden werden, dass Wohnzimmer Feuer fangen, doch in München brannte kürzlich eins im Dienste der Wissenschaft. Forscher der Technischen Universität München wollten beweisen, dass auch mehrstöckige Häuser aus Holz brandschutzsicher sind. Dafür bauten sie ein Wohnzimmer mitsamt darüberliegendem Zimmer originalgetreu nach – gefüllt wurde es mit genau berechneten Quadern und Holzstäben, die Möbel und Bücher simulieren sollen – und zündeten es an. Rund 400 Sensoren zeichnen während der Tests Temperatur, Strömungsgeschwindigkeit sowie das Gewicht der verbrennenden Einrichtung auf. Mehr als eine Viertelmillion kostet die Versuchsreihe, für die noch vier weitere Brände gelegt und beobachtet werden sollen.
Besonders das darüberliegende Zimmer steht dabei im Fokus, denn die Fassade sei die kritischste Stelle beim Brandschutz, egal aus welchem Material das Haus bestehe, sagte Versuchsleiter Stefan Winter. Laut dem Professor für Holzbau und Baukonstruktion sind die klimaschutzfreundlichen Holzhäuser inzwischen aber bei Sicherheit und Risikoniveau gleichwertig mit anderen Bauweisen.
Trafostation mit Ausblick
Achim Schollenberger und Simone Stiefel haben ein Faible für ungewöhnliche Behausungen: Derzeit leben sie entweder in einem ehemaligen Wasserturm in Usingen oder in einer früheren Trafostation in Oberursel. Viel Platz ist nicht, auf insgesamt 14 Quadratmetern – verteilt auf drei Etagen – befinden sich Schlaf- und Wohnzimmer sowie Küche und Bad. Das Grundstück des wohl kleinsten freistehenden Hauses Deutschlands ist 23 Quadratmeter groß.
Ihr Haus haben die Besitzer „Villa Stierstadt“ genannt – nach dem Stadtteil, in dem es steht. Und nicht nur der Name, auch die Außengestaltung mit Graffitikunst des Künstlers Markus Janista macht viel her. Innen sorgt eine elektrische Fußbodenheizung für Wärme, die Fenster sind schallgedämmt, um Verkehrslärm draußen zu halten. Vom Dachgeschoss hat das Paar einen Ausblick auf den Feldberg.
Gekauft hatten Schollenberger und Stiefel das Haus bereits vor mehr als zehn Jahren. Doch die Genehmigungen für den Umbau ließen auf sich warten, dann entdeckten die Besitzer Holzwürmer und ein großes Wespennest. Der eigentliche Umbau der rund 100 Jahre alten Trafostation dauerte zwei Jahre und kostete ca. 65.000 Euro. Dafür kann das Paar nun angenehme Wochenenden in einem ungewöhnlichen Zuhause genießen.
Naturschützer wohnen kostenlos
Wer keine Lust mehr auf die eigenen vier Wände, aber dennoch Interesse an Abgeschiedenheit hat, konnte sich auch 2021 wieder als Tier- und Pflanzenschützer auf der kleinen englischen Insel Lundy bewerben. Im Austausch gegen eine kostenlose Wohnung und Verpflegung hegen fünf Freiwillige dort ein paar Monate lang die artenreiche Flora und Fauna.
Auf Lundy, das rund 20 Kilometer vor der Südwestküste Englands liegt, leben etwa 30 Menschen, es gibt einen kleinen Campingplatz für die seltenen Touristen, einen Laden und eine Kneipe. Das Klima ist rau, aber auf den Sandbänken und Riffen sowie in den Felshöhlen leben viele Tiere, etwa Kegelrobben und Papageitaucher. Die Seevogelkolonie gilt als die größte im Südwesten Englands. Zudem wachsen auf Lundy 330 verschiedene Pflanzenarten, die unter Schutz stehen. Für dieses Jahr ist die Bewerbungsfrist schon vorbei, aber nächstes Jahr gibt es wieder die Chance auf ein paar Monate Arbeit in der Natur gegen Kost und Logis.
Mieterschutz für Camper?
Viele Dauercamper verbringen mehr Zeit im Wohnwagen als in ihrer Wohnung. Doch gelten für Wohnwagen deshalb die gleichen Kündigungsschutzregelungen wie für Wohnraum? Ein Camper aus Bayern sieht das so und will es auch gerichtlich bestätigt haben. Der Kläger, dessen befristeter Dauermietvertrag am Starnberger See nicht verlängert wurde, da die Campingplatzbetreiber den Platz aufgeben wollen, klagt nun schon in der zweiten Instanz.
Im Januar hatte das Landgericht München II zunächst entschieden, dass das Mietrecht nicht für Wohnwagen gilt, selbst wenn der Wohnwagen als Zweitwohnsitz gemeldet ist und dafür Zweitwohnsitzsteuer gezahlt wird. Zudem seien Wohngelegenheiten in beweglichen Sachen wie Baubaracken, Wohnwagen, Schiffe rechtlich kein Wohnraum. Auch sei der Kläger kein Mieter des Wohnraums, da der Wohnwagen ihm gehöre. Der Kläger beruft sich dagegen auf Paragraf 575 des BGB, in dem Zeitmietverträge geregelt sind. Die Befristung seines Mietverhältnisses für rund 2.000 Euro im Jahr sei grundlos und damit unwirksam. Nun muss das Oberlandesgericht entscheiden, dort hat der Camper Berufung eingelegt.
